#Gastbeitrag von Simon Schütze: Er studiert „Sprache & Kommunikation“ an der Philipps-Universität in Marburg und unterstützt neben seinem Studium KMUs und Start-ups in Front-end Development und Digitalem Marketing. In seinem zweiteiligen Gastbeitrag erklärt er, wie er sich die ersten Aufträge gesichert hat und welche Hürden es bei Meldung und Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit zu bewältigen gibt. Teil Eins des Gastbeitrags beschäftigt sich mit den Vorteilen der Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit während des Studiums, den Leistungen, die man als Freiberufler anbieten darf und Jobbörsen für Freiberufler.
Hast du schon mal von digitalen Nomaden gehört? Das sind Freiberufler oder Gewerbetreibende, die von ihrem Standort unabhängig durch die ganze Welt reisen und über das Internet mit ihren Auftraggebern zusammenarbeiten. Interessant ist, dass das zugrundeliegende Konzept auch für dich als Student funktioniert: Heutzutage bist du nicht mehr auf ortsabhängige Arbeitsplätze angewiesen.
Ich arbeite selbst seit zwei Jahren als Freiberufler von zu Hause und unterwegs aus, und das während meines Studiums. Die Idee ist daraus entstanden, dass ich mein Studium in der Kleinstadt Marburg absolviere und studiennahe Werkstudentenstellen hier rar gesät sind. Also habe ich nach Alternativen gesucht und bin im Internet auf einige Jobbörsen für Freelancer gestoßen. Mein erster Texterjob war das Übersetzen eines E-Books vom Englischen ins Deutsche – als ich die Zusage für diesen Job hatte, habe ich meinen (furchtbar studienfernen) Minijob geschmissen und mich als Freiberufler gemeldet.
Hand aufs Herz: Motivierend war damals für mich auch, dass ich als Freiberufler im Durchschnitt bis zu 721 Euro monatlich verdienen darf, ohne Einkommen- oder Umsatzsteuer zu zahlen – also mehr als bei einem Minijob. Mittlerweile würde ich andere Vorteile viel weiter herausstellen:
- Du arbeitest studiennah und lernst richtiges „Learning by doing“: Das ist eine Eigenschaft, die gefragt ist – zu Zeiten, in denen jede Antwort nur noch zwei Google-Klicks entfernt ist. Du lernst, kreativ zu arbeiten und Informationen abstrahiert zu betrachten.
- Du erprobst dich spielerisch und studiennah in der freien Wirtschaft: Als Student, der als Freiberufler arbeitet, werden dich gerade Start-ups oder Berufstätige, die sich selbstständig machen möchten, mit Knicks und Kusshand beauftragen. Auch, wenn diese möglicherweise etwas schlechter bezahlen: Das sind die Aufträge, die dich weiterbringen. Denn hier übernimmst du oft viel Verantwortung und kannst ein neues Unternehmen in der Entstehung mitgestalten. Du lernst unternehmerisches Denken.
- Du kriegst jedes Praktikum, das du möchtest. Zumindest hast du bessere Karten als viele deiner Mitbewerber, denn wer kann schon so viel Erfahrung vorweisen wie du durch deine freiberufliche Tätigkeit? Außerdem lernst du automatisch, was Arbeitgeber in Bewerbungen hören möchten und kannst besser einschätzen, für welche Unternehmen du interessant bist und für welche nicht. Ich wollte in den letzten Semesterferien beispielsweise kurzfristig nach Berlin: Also habe ich mich bei einem Start-up beworben, welches kürzlich finanziert wurde – und war innerhalb von einer Woche vor Ort.
- Du erhältst einen ungewöhnlich hohen Stundenlohn. Als ich mir meine ersten Aufträge als Freiberufler suchte, peilte ich immer einen Wortpreis an, der mir 10 Euro pro Stunde sicherte. Je nachdem, wie wertvoll deine Leistung für den Unternehmenserfolg ist, kannst du aber ruhig mehr beanschlagen: Momentan unterstütze ich Unternehmen bei Erstellung und Anpassung ihrer Websites und berate im digitalen Marketing. Meinen Stundenlohn setze ich bei 30 Euro an. Ich kenne aber auch Programmierer Anfang der 20er, die neben ihrem Studium für einen Stundenlohn von 50 Euro arbeiten (als Programmierer gibt es aber sowieso keinen typischen Berufsweg und der Studienabschluss ist oft nur ein nettes Gadget). Je schwieriger es ist, für deine Leistung eine kompetente Fachkraft zu finden und je mehr Erfahrung du bereits mitbringst (die du anhand deiner Referenzen belegen kannst), desto höher kannst du deinen Stundenlohn ansetzen.
Verfügst du nicht mehr über genügend Kapazitäten, hebe einfach deinen Stundenlohn an – und teste, was du wirklich wert bist.
Darf ich als Freiberufler jede Dienstleistung anbieten?
Kurz gesagt: Nö. Als Freiberufler arbeiten darf, wessen Tätigkeit unter eine der drei im Einkommensteuergesetz festgelegten Kategorien fällt:
- Katalogberufe: Das Einkommensteuergesetz umfasst eine Liste von Katalogberufen, die eine berufsbefähigende Ausbildung voraussetzen (beispielsweise Ärzte oder Rechtsanwälte).
- Katalogähnliche Berufe: Das sind Berufe, die in wesentlichen Punkten mit einem Katalogberuf übereinstimmen (beispielsweise Zahnpraktiker oder Marktforscher).
- Selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten: Das ist die für Studenten relevante Kategorie, denn hier ist eine berufsbefähigende Ausbildung nicht als Voraussetzung gelistet.
Unter letztere Kategorie fallen Tätigkeiten wie die eines Designers, Fotografen, Texters, Nachhilfelehrers oder je nach Form der Ausübung auch die eines Programmierers. Du könntest als freiberuflicher Student für deine Auftraggeber also:
- Blog-Einträge und Produktbeschreibungen schreiben
- Logos und Flyer designen
- Internetseiten erstellen
- Fotos auf Events schießen
- Nachhilfe geben
Viele Studenten besitzen bereits ein Gewerbe aufgrund einer Promotion-Tätigkeit. Es lohnt sich dennoch, zusätzlich eine Tätigkeit als Freiberufler zu melden: Denn wenn du deine Aufträge über dein Gewerbe laufen lässt, musst du vorher die angebotenen Tätigkeiten deines Gewerbes anpassen – die Ummeldung kostet je nach Region zwischen 15 und 60 Euro. Außerdem müssen Gewerbetreibende im Gegensatz zu Freiberuflern ab einem bestimmten Einkommen zusätzlich Gewerbesteuer zahlen und einen Pflichtbeitrag an die regionale IHK abführen.
Schön. Und wie erhalte ich nun Aufträge?
Das Wichtigste zuerst: Als Freiberufler melden musst du dich erst, sobald du die Zusage zu einem Auftrag erhalten hast. Das Finanzamt räumt dir hierzu eine Frist von 4 Wochen nach Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit ein. Deine Aufgabe ist also nun, überhaupt erstmal die Zusage für einen Auftrag zu erhalten.
Das ist einfacher, als du denken magst – denn im Internet gibt es einige Stellenbörsen für Freiberufler. Ein paar möchte ich hier vorstellen:
- texterjobboerse.de: Hier werden Freiberufler gesucht, die Texte für Internetseiten schreiben und Übersetzungen anfertigen. Möchtest du in den digitalen Journalismus oder peilst du eine Karriere in einer Online-Agentur an, ist die Texterjobbörse ein guter Einstieg, um erste Erfahrungen und Referenzen zu sammeln. Die Vergütung ist aber sehr niedrig.
- Freelance Junior: Das ist die Plattform für freiberufliche Studierende, an der ich gemeinsam mit weiteren Studenten, die als Freiberufler gemeldet sind, arbeite. Mittlerweile vermitteln wir hier täglich bis zu fünf Aufträge, die Vergütung ist für Studierende oft verhältnismäßig hoch. Im Angebot haben wir Aufträge wie das Designen von Flyern, das Anpassen von WordPress-Installationen, das Schreiben von Blog-EInträgen oder die Verwaltung von Social Media-Profilen.
- freelance.de & Twago: Zwei deutsche Auftragsbörsen für Freiberufler, allerdings werden in der Regel Profis gesucht. Hast du schon einige Erfahrung als Freiberufler gesammelt, sind dies die Auftragsbörsen deiner Wahl – teilweise suchen hier sogar Konzerne nach Freiberuflern und zahlen einen wirklich guten Stundenlohn. Die Portale bieten sich vor allem während des Übergangs zur hauptberuflichen Selbstständigkeit an.
Um die ersten Aufträge zu erhalten, lohnt sich auch ein Blick auf die schwarzen Bretter in deiner Universität. Oft schreiben Unternehmensgründer oder sehr kleine Betriebe hier Aufträge aus, die allerdings in der Regel niedrig bezahlt sind. Dafür kann es hier schnell mal passieren, dass du an einen befreundeten Betrieb weiterempfohlen wirst.
Wer aus Branchen wie der IT kommt, wo ein Fachkräftemangel herrscht, für den rentiert sich ein LinkedIn-Account. Ich kenne jemanden, der mit einem gut gepflegten Profil einfach einige Verantwortliche größerer Konzerne geaddet und ohne weiteres Zutun mehrere internationale Job-Anfragen erhalten hat. Kommt sicher gut im Portfolio.
Leistest du gute Arbeit, wirst du dich nach einiger Zeit von den oben genannten Jobbörsen verabschieden können: Denn mit der Zeit wirst du ganz automatisch ein Netzwerk befreundeter Freiberufler aufbauen, ihr werdet euch gegenseitig Aufträge zuschaufeln und deine Auftraggeber werden dich weiterempfehlen. Kommunizierst du deinen Studentenstatus offen und setzt du deinen Stundenlohn niedriger an als gestandene Freiberufler, wirst du zum Geheimtipp. Gleichzeitig wirst du aber schnell lernen, dich auch nicht unter Wert zu verkaufen.
So zahlst du keine Steuern (auch ohne Schweizer Bankkonto)
Hier ein weiterer Vorteil für Studenten, die als Freiberufler arbeiten: Grundsätzlich profitierst du als Freiberufler von § 19 des Umsatzsteuergesetzes. Das heißt, bis zu einem Umsatz von 17.500 Euro jährlich musst du keine Umsatzsteuer auf deine Leistungen berechnen. Im zweiten Jahr dürftest du sogar einen Umsatz von bis zu 50.000 Euro erzielen, ohne Umsatzsteuer abzuführen – würdest dann aber im dritten Jahr Umsatzsteuer zahlen müssen, da dein Umsatz den Freibetrag von 17.500 Euro pro Jahr überstiegen hat.
Die einzige weitere Steuerart, die Freiberufler berücksichtigen müssen, ist die Einkommensteuer. Mit dieser bist du sicher bereits in Kontakt gekommen, denn sie bezieht sich auf jegliches Einkommen, welches du erzielst. Solange du nicht insgesamt über 8.652 Euro im Jahr verdienst, musst du 2016 keine Einkommensteuer abführen. Der Wert wird fast jährlich angehoben.